Soviel vorweg: Dem „Normalhörer“, der die Wiedergabe mit höherwertigen Lautsprechern zu verbessern sucht, seien so genannte „Regallautsprecher“ ans Herz gelegt. Der Begriff „Regallautsprecher“ führt, obschon gebräuchlich, in die Irre: Diese sollten nie ins Regal, sondern immer auf Ständer gestellt werden. Deshalb soll hier von Kompakt-Lautsprechern die Rede sein. Damit sind nicht die Plastik-Brüllwürfel für PC gemeint, sondern ihre high-fidelen Geschwister. Kompakt-Lautsprecher sind – als Faustregel – für Räume bis etwa 15 qm völlig ausreichend. Nebenbei bemerkt, sind für die Musikwiedergabe bei Zimmerlautstärke nur wenige Watt zu veranschlagen. Es braucht also keine kühlschrankgroßen Schallwandler um ordentlich laut zu hören.
Kompakt-Lautsprecher haben nicht zuletzt als Dreingabe zu Kompakt-Anlagen den Ruf bekommen, generell eher minderbemittelt zu musizieren. Aus dem Prinzip der Kompaktheit müssen aber nicht automatisch Brüllwürfel entstehen.
Kompakt-Lautsprecher sind in aller Regel als Zwei-Wege-Lautsprecher ausgelegt. Sie beherbergen also jeweils einen Tief-Mitteltöner und einen Hochtöner. Diese Konzentration auf das Wesentliche bietet eine Reihe von Vorteilen: Zum einen ist diese Bauform äußerst kompakt und damit wohnraumfreundlich. Je nach Integrationsgrad in das Wohnumfeld kann dies ganz erheblich dazu beitragen, den „Wife-Acceptance-Factor“ (WAF) drastisch zu erhöhen.Zum anderen ist es einfacher, zwei Chassis zum exakten Zusammenspiel zu bewegen, als drei oder mehrere. Eine geringe Zahl von dicht zusammen liegenden Chassis kommen dem Ideal einer Punktschallquelle zudem näher als üppige Lautsprecher mit einer Vielzahl von Chassis. Koaxialchassis, bei denen die Chassis für die Wiedergabe unterschiedlicher Frequenzbereiche ineinander verschachtelt sind und somit von einem Punkt abstrahlen, stellen die Richtigkeit dieser Forderung eindrücklich unter Beweis (Beispielhaft sei auf die Lautsprecher des französischen Herstellers Cabasse verwiesen).
In der Preisklasse unter 200 EUR ist das Feld sehr eng. Allerdings auch übersichtlich, wenn man die Spreu vom Weizen trennt. Die britische Firma Tannoy beweist nun seit rund 75 Jahren, dass sie hochwertige Lautsprecher bauen, die bei Profis und Hobbyisten gut ankommen. Umso erstaunlicher, dass sie es auch schaffen, bei diesem Paarpreis wohlklingende Boxen zu bauen. Der Rotstift wird zum Glück an einer Stelle angesetzt, wo er akustisch am wenigsten Spuren hinterlässt: bei Gehäusematerial und -finish. Die Chassis sind von erstaunlicher Qualität – das kann jeder hören! Die Qualität der Tannoy MX1 ist für das Geld fast legendär zu nennen. Nach meinem Wissen gibt es in dieser Preisklasse nichts wirklich Vergleichbares. Fundierte Kommentare in Form von Kritik und Ergänzungen sind aber stets willkommen.
Natürlich ist in dieser – zwangsläufig unvollständigen – Aufzählung auch Bower & Wilkens zu nennen. Ebenso von der britischen Insel, können auch sie auf eine lange Tradition zurückblicken. Überhaupt scheinen die Briten ein gutes Händchen im Lautsprecherbau zu besitzen. Nicht nur Heimhörer werden von B&W beglückt, sondern – eine weitere Parallele zur Firma Tannoy – auch Studios in aller Welt. Und auch hier fällt der Einstieg leicht, gibt es doch einige B&W-Lautsprecherfamilien mit günstigen Einstiegsmodellen. Neben einer langen Gewährleistung (10 Jahre) gibt es bei B&W an der Verarbeitung nichts zu mäkeln. Diese Lautsprecher haben viele Tugenden, wie Transparenz, Neutralität und Spielfreude von ihren großen Schwestern geerbt. So finden sich in allen Boxen Cevlaer Tief-Mitteltöner, die sich durch eine große Steifigkeit, Leichtigkeit und damit Verfärbungsarmut sowie hohe Geschwindigkeit auszeichnen. Die größeren Modelle verwenden den Hochtöner der großen Nautilus (siehe Foto oben) – Technologietransfer par excellance!
Von sich Reden in letzter Zeit macht der britische Hersteller Mordaunt-Short, der günstige und dabei ausgewachsene (Stand-)Lautsprecher im Programm führt. In der Ausgabe 74 (Februar 2007) von Image Hifi wird das Einstiegsmodell Avant 904 vorgestellt.
Auch deutsche Hersteller wie Audiodata aus Aachen, Isophon aus dem Schwäbischen, T&A aus dem westfälischen Herford oder – weitaus exotischer – MBL mit seinen Radialstrahlern aus Berlin oder Manger aus Mellrichstadt mit seinem einzigartigen Manger®-Schallwandler haben viel Hörenswertes im Angebot.
Diese offene Aufzählung möchte ich nicht abschließen ohne auf zwei Boliden aus Übersee hinzuweisen: Wilson Audio aus den Staaten und Verity Audio aus Kanada. Sicherlich für nicht Wenige die Endstation im Hifi-Nirwana. Teuer, schön und mit geradezu halluzinogenen klanglichen Eigenschaften ausgestattet.
Zu guter Letzt:
Nicht hoch genug in ihrer Bedeutung sind die akustischen Rahmenbedingungen auf die Wiedergabe einzuschätzen. Raumgröße, Reflexion des Raumes bzw. seine Dämpfung (durch Vorhänge, Teppiche, Möbel etc.), sowie Resonanzen beeinflussen die Wiedergabe maßgeblich. Deshalb ist es sehr zu empfehlen, die Wunschlautsprecher unter Realbedingungen zu Hause in den eigenen vier Wänden oder zumindest unter wohnraumähnlichen Bedingungen zu hören. Diesen Service bieten leider nur noch wenige gute Fachhändler.