Was macht der Audio-Affiçionado statt einfach zufrieden Musik zu genießen? Richtig, er widmet sich mit Inbrunst zukünftigen Aufrüst- und Umbauprojekten. Den bereits gepimpten Plattenspieler weiter aufrüsten? Lohnt das? Oder lieber den alten durch einen neuen ersetzen? Halt, Moment mal. Eigentlich braucht es als Ausgangspunkt doch zunächst eine richtige Vorstufe, sonst macht ein höherwertiger Phono-Pre doch auch keinen Sinn, oder? Mehr offene Fragen als Antworten und etliche „Was-wäre-Wenn-Überlegungen“ folgten. Aber der Reihe nach…
Mein Thorens TD 146 aus den 1980er Jahren hat ja bereits etliche Steroide verabreicht bekommen. Die Zusammensetzung kann diesem Beitrag entnommen werden. Ist das Thema damit ausgereizt? Könnte man annehmen.
Angefixt durch einen Vorverstärkercheck Ende 2019 / Anfang 2020 schenkte ich dem EAR 868 von Tim de Paravicini mein Ohr und suchte seitdem nach einer Option für den Gebrauchterwerb – mit Phonostufe versteht sich. Denn letztere bekam nicht nur reichlich Lob, sondern stach auch durch ihr formidables Preis-Leistungs-Verhältnis heraus. Die erste Sichtung für den EAR gab es im Raum München. Ich kam leider zu spät, doch ein reger Austausch mit dem früheren Besitzer entsponn sich, an dessen Ende auf seine Empfehlung hin der Kauf von passenden NOS-Glaskolben für den EAR 868 in Serbien stand. Aber das ist eine andere Geschichte…
Fündig wurde ich schließlich in Idstein. Ein generalüberholtes Gerät mit einem Satz zusätzlicher NOS-Röhren wurden von einem sehr hilfsbereiten und kompetenten Händler zum Kauf angeboten. Der EAR 868 PL ist nach seinem Eintreffen schlagartig zum unverzichtbaren Teil meiner Kette geworden. Seine symmetrierten Ausgänge stellen die idealen Lieferanten für meine GamuT-Endstufe dar, die symmetrisch befeuert einfach um Längen besser klingt. Mehr als die sprichwörtliche Kirsche auf der Sahne ist die verbaute Phonostufe des EAR rund um zwei Röhren vom Typ PCC88 sowie mit MC-Übertrager. Ich hatte vorab viel Gutes gehört, aber selbst hören ist besser, viel besser! Auch schön zu wissen, dass der verbauten Phonostufe angeblich exakt die gleiche Schaltung zugrunde liegt wie dem separaten Phono-Pre EAR 88PB. Dieser Stand-alone-Pre kostet allein immerhin rd. 4.500 EUR. Zum Vergleich: der voll ausgebaute 868 dezimiert um etwa 5.900 EUR die Ersparnisse.
Zurück zum schwarzen Gold, zurück zum Vinyl: Ich habe meinen Thorens nicht wiedererkannt! Damit ist eine der Eingangsfragen bereits beantwortet: Der betagte Thorens war mitnichten ausgereizt! Auch wenn ein Ortofon Vinyl Master red (MM) für rd. 200,- EUR sicher nicht unbedingt auf Augenhöhe mit dem integrierten Phon-Pre musizierte, katapultierte dieser Pre das musikalische Erlebnis mit dem Dreher in gänzlich andere Sphären. Wie wäre das denn Bitteschön mit einem adäquateren Abnehmer? Der Händler aus Idstein erwies sich auch in Sachen Phono als kompetenter Ansprechpartner, nicht zuletzt da hier ein Schwerpunkt seiner tagtäglichen Beratung liegt. Vor allem ihm ist es zu verdanken, dass mein Thorens nicht auf dem Abstellgleis gelandet ist und womöglich durch einen großen Rega ersetzt wurde. Da der MC-Zweig des EAR mit Übertragern arbeitet, folgten Empfehlungen für entsprechende Tonabnehmer. Meine Wahl fiel schließlich auf einen Dynavector 10X5 MKII mit Shibata-III-Schliff. Dieser ist etwa dreimal so teuer wie der vorherige Tonabnehmer vom Ortofon, aber ganz sicher jeden Euro wert!
Fazit: Das ist analoges Musikhören auf sehr hohem Niveau und mit sehr viel Genuss! Die Kombination Thorens + Dynavector + EAR 868 spielt auf einem Niveau, das die alte Frage digital versus analog vollständig in den Hintergrund treten lässt, da nicht mehr von Belang! Stattdessen höre ich alte und neu erworbene Scheiben mit sehr viel Freude! Endlich wieder einfach zufrieden Musik genießen!